Faszinierend!
Ich bin fasziniert. Jedes Jahr aufs Neue bin ich fasziniert von den Blumen, die ihre Köpfe aus der braunen Erde recken, den flauschigen Weidenkätzchen und den zarten Blättern, die sich vorsichtig entrollen. Es grünt: lindgrün, gelbgrün, lodengrün, hellgrün, moosgrün, grüngrün.
„Wir sind uns grün“, sagte man früher, wenn man Zuneigung meinte. Es liegen Frühling und Neuanfang in der Luft.
Im Rhythmus der Jahreszeiten
Unsere Ausdrucksformen des Glaubens spiegeln sich in den Jahreszeiten. Als mitteleuropäische Christen werden wir im Dezember still und warten auf die Geburt Christi. Die Natur hilft uns, zur Ruhe zu kommen. Wir mummeln uns in Decken und zünden Kerzen an.
Jetzt im Frühjahr rechnen wir mit hellen und milden Tagen. Das Grün lässt sich nicht mehr verbergen, selbst wenn es im April noch einmal schneit. Die ersten Blumen schütteln sich den Schnee von den Blüten und recken sich gegen die Sonne.
Unser Osterfest richtet sich nach dem ersten Vollmond im Frühjahr und kündigt an: Wachstum und Christi Auferstehung, Wärme und Gottes Güte, Zuversicht und ewiges Leben.
Und es reicht doch!
Manchmal traue ich diesem Gleichmaß nicht. Wenn auf einem Samentütchen steht, dass die Aussaat für eine Fläche von 8 m² reicht, verteile ich trotzdem das ganze Tütchen auf meine 4 m² Muttererde. Es könnte doch sein, dass nicht alles gedeiht. Vielleicht richtet sich die Angabe an feuchte dunkle Böden und nicht an meinen lehmigen? Diese paar Krümel soll ich auf 8 m² verteilen? So skeptisch bin ich und im Frühsommer, wippen Cosmea und Glockenblume vorwurfsvoll mit ihren Blütenköpfchen, weil es zu eng ist, weil die Sonnenblumen alle zur Seite schubsen und die Kapuzinerkresse sich überall herumlümmelt.
Ich sollte Zutrauen haben in dem wunderbaren Gleichmaß und der wohltuenden Routine, die mich Natur, Schwerkraft, Kosmos und Wetter lehren.
Was Hallig und Alm gemein sind.
Menschen, die auf einer Hallig oder auf der Alm leben, haben einen wettergegerbten Glauben. Sie wissen, dass eine Flut alles nehmen kann oder, dass Eis und Schnee alles zum Erliegen bringt. Von diesen Landmenschen kenne ich Aussagen wie; „Alles ist in Gottes Hand. Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen. Meine Zeit steht in seinen Händen.“
Sie sind sich ihrer Abhängigkeit von Umständen bewusst und ruhen im Glauben, dass G-tt alle Menschenkinder hält.
Hoffnungsgrün
Noch schlummert meine Blumenwiese in der Erde, doch sie wird gedeihen. Es wird grünen – limettengrün, blattgrün, efeugrün und olivgrün.
Im Frühling könnten wir diese Bibelverse auch mit allen Sinnen lesen: Weshalb sorgt Ihr Euch, seht Ihr nicht die Blumen auf dem Feld? oder Gottes Gnade ist jeden Morgen neu oder Seine Treue reicht, soweit die Wolken ziehen.
Hoffnungsgrün ist die Farbe der Osterzeit! Immer wieder und jedes Jahr neu.