Die beste Weihnachtstradition
Als junge Familie war es unser Wunsch, eigene Traditionen zu finden. Solange mein Mann Thomas und ich noch keine Kinder hatten, fuhren wir zu Weihnachten quer durch Deutschland, um die Eltern zu besuchen. Aber mit zwei Kleinkindern überlegten wir, welche Traditionen wir aus unseren Elternhäusern übernehmen wollen und welche neuen wir uns wünschen.
Wir sind nicht weiter als bis zu den Überlegungen gekommen. Thomas starb. Ich bin wie ein Kind zu meinen Eltern gefahren und habe mich in ihren Traditionen sicher und geborgen gefühlt: den Weihnachtsbaum an Heilig Abend schmücken, Kartoffelsalat essen, die Weihnachtsgeschichte vorlesen, sich abwechselnd ein Geschenk überreichen und beim Auspacken staunen. Hatte ich überhaupt Geschenke vorbereitet? Ich glaube, wir hatten damals vor allem die Kinder beschenkt mit Tierfiguren und Bilderbüchern. Wir schauten zu, wie sie auf dem Teppich spielten, während Traurigkeit um den Weihnachtsbaum schwebte.
Ich lernte Alexander kennen und wir heirateten im Winter auf einem Berg. Wir wollten dem Himmel nah sein, und einen schönen Ausblick in die Landschaft und in die Zeit haben. Als Familie mussten wir uns finden und ich wollte, dass auch wir eine ganz eigene Weihnachtstradition entwickeln. Wir fanden eine. Nur in diesem Jahr können wir nicht wie sonst in die Berge.
Kurz vor Weihnachten fahren wir (normalerweise) nach Südtirol. Dann wenn alle anderen noch daheim sind, gehen wir rodeln und Skifahren. Genießen die Ruhe, und dass die Hüttenwirte Zeit für Plaudereien haben. Wenn wir durchs Bergdorf spazieren, treffen wir Einheimische. Sie sprechen deutsch, italienisch und ladinisch. Sie freuen sich, wenn ich nach ihrer Kultur frage. Dann plaudern sie über ihr Volk, die Ladiner, und über ihre Traditionen, Rezepte, Kleidung und Bräuche.
In den Tagen über Weihnachten leben wir im Wohnmobil, spielen Karten, lümmeln im Bett und sortieren uns auf engstem Raum. Die häufigste Frage lautet: „Hast Du meine Socken oder … gesehen?
Ich koche schnell und einfach wie Suppen und Mehlspeisen. Stundenlang sind wir im Schnee. Bewegen uns. Staunen. Bekommen Hunger und kalte Füße. Was gibt es Schöneres, als sich anschließend in das Federbett zu mummeln?
In diesem Jahr zehre ich von den Erinnerungen und bin dankbar, dass ich sie habe. An Heilig Abend werden wir in den Garten gehen und ein Feuer entzünden. Ich koche Wild mit Klößen und Blaukraut – das haben sich meine Söhne gewünscht. Wir sind geübt, als kleine Familie die Festtage zu feiern. Vielleicht ist es unsere beste Familientradition, dass wir in Harmonie durch die Zeit gehen können.
Unser Wohnort liegt nicht 2000, sondern nur 555 Meter über den Meeresspiegeln. Doch ich weiß, wir werden auch hier den Himmel berühren und er berührt uns.
Frohe Weihnachten!